SABINE
Referenzen
Helfen: hoffen – sterben – leben
Beispielhaft möchte ich berichten, wie ich HELFEN bei Sabine Woggon-Schulz (jetzt Rachl Anm. d. Verf.) in den Phasen: hoffen – sterben - leben, erfahren habe.
Der Sohn unserer Tochter kam mit einem Gehirntumor zur Welt. In seinem zweiten Lebensjahr wurde der nicht behandelbare Tumor diagnostiziert. Sechsjährig war Lucián in seinen Gehbewegungen so eingeschränkt, dass seine Mutter sich entschied, ihn auf eine Sonderschule für Körperbehinderte einzuschulen. Als Lucián im dritten Schuljahr den Wunsch äußerte, eine weiterführende Schule besuchen zu wollen, rieten seine Lehrerinnen von dem Vorhaben ab, weil Lucián einer Schulbegleitung bedürfe. Auch zeigte sich, dass herkömmliche Gymnasien in Köln für Rollstuhl fahrende Schüler nicht vorbereitet waren und die integrativen Gesamtschulen ihre Plätze nur für ausgewählte Grundschulen frei hielten. In dieser Zeit befand sich die Kölner internationale Friedensschule unter der Leitung von Frau Sabine Woggon-Schulz in der Aufbauphase. Nachdem sie Mutter und Sohn kennengelernt hatte, nahm sie Lucián ins vierte Schuljahr auf, gab ihm einen Zivildienstleistenden zur Seite; Lucián fuhr mit seinem Stützrädchen frei in der Schule herum, fand schnell Kontakt zu den anderen Schülern und erlebte eine gute Zeit. Als sich dann plötzlich sein gesundheitlicher Zustand verschlechterte, er in der Intensivstation der Uni-Klinik behandelt werden musste und der Kampf um sein junges Leben begann, besuchten ihn regelmäßig Schulfreunde und Freundinnen in Begleitung von Lehrern. Frau Woggon-Schulz überreichte ihm auch das Zeugnis, das ihn zum Besuch des Gymnasiums qualifizierte. Sechs Wochen später starb Lucián. Zentrum der Trauerfeier bildete der Abschied der Klasse an Luciáns offenem Sarg. Alle Kinder waren erschienen. Denn Frau Woggon-Schulz hatte sie einfühlsam auf den Tod und den Anblick ihres toten Freundes vorbereitet, so dass jedes Kind einzeln mit einem persönlichen Wort von Lucián Abschied nehmen konnte. Tröstlich, in ausdrucksvoller kindgemäßer Sprache hatte sie mit der Klasse einen Abschiedsgesang über Leben, Sterben, Trauer, Hoffnung erarbeitet. Für alle, die Familie, die Trauergäste, auch die anwesenden Pfarrer war diese Art der Trauerunterstützung ein eindrucksvolles Abschiednehmen. Luciáns Familie ist Frau Sabine Woggon-Schulz für ihre „ Hoffnungs-, Sterbe- und Trauerunterstützung ausgesprochen dankbar. Dass ein Jahr später ihr Mann ebenfalls an einem Gehirntumor sterben und ihr Leben sich tiefgreifend verändern würde, hatte sie bei Luciáns Trauerfeier nicht geahnt.
Erich Witschke
Pfarrer i. R.
